Schweiz
Gesellschaft & Politik

Parteichefs zu Zauberformel: «Wählerwillen wird zu wenig berücksichtigt»

Das sagen die Parteipräsidenten zur Zauberformel: «FDP muss einen Sitz abtreten»

Mehr als die Hälfte der Bevölkerung wünscht sich eine Veränderung der Zusammensetzung des Bundesrates. Was sagen die Parteileitungen dazu? watson hat nachgefragt.
01.12.2023, 17:5901.12.2023, 18:24
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Die Aufstellung des Bundesrates treibt nicht nur die Schweizer Parlamentarierinnen und Parlamentarier um, sondern auch die Bevölkerung.

In einer repräsentativen Umfrage von watson haben 69 Prozent angegeben, dass sie eine Neuaufstellung des Bundesrates begrüssen würden. Drei Varianten erhalten mehr Zustimmung als die aktuelle Zusammensetzung. Ein zusätzlicher Mitte-, GLP- oder Grüne-Sitz auf Kosten der FDP sind bei der Bevölkerung beliebter.

Das Volk hat gesprochen. Aber was halten die Parteileitungen von diesen Ergebnissen?

Der Präsident der GLP, Jürg Grossen, sagt gegenüber watson:

«Die Umfrageergebnisse erstaunen nicht, der Wählerwillen wird seit Jahren zu wenig berücksichtigt. Die alte Zauberformel hat längst ausgezaubert. Ein Blick auf die Wahlresultate zeigt, dass die FDP mit 14.3 Prozent Wähleranteil und die SP mit 18.3 Prozent Wähleranteil im Bundesrat je fast 30 Prozent der Sitze besetzen. Auf der anderen Seite ist rund 25 Prozent der Wählerschaft nicht im Bundesrat vertreten. Das politische Zentrum ist insgesamt klar untervertreten.»
Grünliberale (GLP) Parteipräsident und Berner Nationalrat Jürg Grossen in seiner Unternehmung elektroplan Buchs & Grossen AG in Frutigen, im Berner Oberland, anlässlich des watson Wahljahr-Intervi ...
Ist wenig überrascht von den Ergebnissen: Jürg Grossen von der GLP.Bild: watson

Die Mitte gibt eine lakonische Auskunft: «Wir nehmen diese Umfrage zur Kenntnis, so wie wir jede Umfrage zur Kenntnis nehmen.»

Balthasar Glättli, der aktuell noch als Grüne-Präsident amtiert, zeigt sich gesprächiger und erklärt:

«Wir leben in einer Zeit der Mehrfach-Krisen, mit der Klima- und Biodiversitätskrise, Kriegen und anderen grossen Unsicherheiten. Gleichzeitig bedroht der Rechtspopulismus international die Demokratien. Hier ist auch in der Schweiz die Politik und der Bundesrat als Regierung gefragt. Wir brauchen eine Regierung der nationalen Vielfalt, welche breit abgestützt das Vertrauen der Bevölkerung für eine zukunftsfähige Politik zurückgewinnt. Die Umfrage zeigt deutlich: Eine klare Mehrheit der Befragten hat erkannt, dass die alte Zauberformel definitiv tot ist. Der Geist der Zauberformel war nicht eine Formel, sondern das Ziel, dass alle relevanten Kräfte in einer kollegialen Landesregierung vertreten sein sollen. In diesem Geist gehören die Grünen definitiv auch in den Bundesrat. Ebenfalls klar ist, dass die FDP am meisten übervertreten ist, und einen Sitz abtreten muss.»
Cedric Wermuth, Co-Praesident SP, spricht waehrend einem Interview im Vorzimmer des Staenderats, am Wahltag der Eidgenoessischen Parlamentswahlen, am Sonntag, 22. Oktober 2023 im Bundeshaus in Bern. D ...
Cédric Wermuth wünscht sich eine Veränderung im Bundesrat.Bild: keystone

Auch Cédric Wermuth, Co-Präsident der SP, ist wenig überrascht von den Ergebnissen und sagt:

«Die Umfrage bestätigt ein weiteres Mal, was längst offensichtlich ist: Die Bevölkerung fühlt sich vom Viererblock aus FDP und SVP im Bundesrat nicht mehr vertreten.»

Die SVP und die FDP haben gegenüber watson keine Stellung genommen zu den Umfrageergebnissen. (jub)

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88 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Lowend
01.12.2023 19:32registriert Februar 2014
Es scheint, dass die rechte Mehrheit im Bundesrat Geschichte ist. Man merkt das hier besonders gut an den verzweifelt bissigen Kommentatoren der rechten Seite.

Mir als Demokrat soll's recht sein und mir ist im Grunde egal, ob mehr Mitte, mehr Grün, oder mehr ...

Wichtig ist mir nur dass die bürgerliche Mehrheit gebrochen wird, denn wenn niemand mehr einen Block bilden kann, erhöht das die Wahrscheinlichkeit, parteiübergreifend gute Lösungen für alle Schweizer zu finden. Nur darum sollte es sich im Bundesrat drehen.
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FrancoL
01.12.2023 19:04registriert November 2015
Eine relativ einfache Ausgangslage wird missbraucht um Politik zu machen. Ca 14% ergeben einen Bundesratssitz. Ziel das Volk möglichst breit abzubilden.
Die einfachste Lösung:
1x2 + 5x1 = 7
Passt den Altparteien nicht, aber das ist die Zukunft und das ALT kann man auch ändern, indem man für die Zukunft optiert.
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Marilize Legijuana
01.12.2023 19:35registriert Januar 2018
Ich bin für die Schaffung eines neuen Departements für Informatik, Kommunikation und Cybersicherheit.
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